RHEIN! Zeitschrift für Worte, Bilder, Klang, Nr. 11 (November 2015)


Köln ist eine von vier Städten, die mit dem Attribut „heilig“ verbunden werden: Jerusalem, Rom und Trier mit dem Nachsatz „die heilige Stadt“ und das „heilige Köln“ schon seit dem 9. Jahrhundert. Seine Bevölkerung bestand bis 1803 zu zehn Prozent aus Geistlichen und Nonnen. Unter dem spielerisch formulierten Thema hat die Redaktion Beiträge zur Frage gesammelt, wie weit das heutige Köln noch „heilig“ genannt werden kann oder ob das Attribut „unheilig“ eher zutrifft. Kann sich jemand der in den geistlichen, geschichtlichen und volkstümlichen Traditionen dieser Stadt aufgewachsen ist, in ihr heute noch heimisch fühlen? Oder ist diese „Vaterstadt“ längst den Bach des Kommerzes, der allgegenwärtigen Korruption, des politischen Geschachers, der administrativen Unfähigkeit, des besoffenen Gegröles und der pervertierten Show hinabgegangen? Hat sie außer ihrer physischen Existenz noch ein Herz?
Auch die Herausgeber sind zunehmend bedrückt, wie viel von dem, was das Wesen dieser Stadt spezifisch geprägt hat, aus Bequemlichkeit, Unwissen und Absicht von den Verantwortlichen in Kirche, Rat und Verwaltung, Handel, Handwerk, Industrie und Schulen, letztlich auch von uns allen einfach weggeworfen wurde. Heinrich Böll hat das schon 1971 in seinem bitteren Gedicht Köln III gegeißelt. Auch fast ein halbes Jahrhundert danach kommt die Stadt wie an den Meistbietenden gnadenlos verramscht, dreckig und zunehmend ungeistig daher. Was ist geblieben, was gibt es Neues; kann es das Verlorene ersetzen? Auf hundert Seiten ist dieses Problem zwar kaum erschöpfend zu beantworten; die Beiträge sollen aber zum Nachdenken darüber anregen.